Mittwoch, 23. Juni 2010

Die neue Geizigkeit

Der Gemüsehändler Hassan bei mir an der Ecke verwickelte mich in ein interessantes Gespräch über Wassermelonen. Ich wusste ja gar nicht, dass sie unter anderem auch nierenreinigend sind. Weil ich meinen Nieren mal was Gutes tun wollte, fragte ich Hassan, ob ich eine Melone haben könne. Als er bejahte, schnappte ich mir ein prächtiges Exemplar und ging weiter. "Halt...!" rief mir Hassan hinterher. Als ich ihn verwundert anschaute, sagte er: "...kosten 2,50 das Stück. Ich kann sie nicht verschenken, weil ich davon leben muss." Ich hatte gedacht, er schenkt sie mir.
Nein. So war es gar nicht. Diese Geschichte habe ich mir ausgedacht. Und warum? Weil es mir in letzter Zeit ähnlich wie Hassan oben in der Geschichte geht. Wenn ich nämlich mit vermögenden Freunden über mein Buch rede und sie dann Interesse bekunden und gerne eines haben möchten. Wenn ich ihnen dann eine Widmung reingeschrieben habe und dann höflich um 16,90 Euro bitte, schauen sie mich an wie ein Pferd, das zum ersten Mal vor die Kutsche gespannt werden soll. Dabei geben sie an einem Urlaubstag so viel Geld aus wie ich im ganzen Monat.
Und das Seltsamste ist: Daraufhin werde ich dann später von den "Geschröpften" nur noch sehr kühl gegrüßt. Mit einem Blick, als hätte ich ihr Tafelsilber mitgehen lassen. Und das alles wegen läppischen 16,90? Na Bravo! Feine "Freunde" sind das. Geiz ist die Armut der Reichen, schrieb einmal Werner Mitsch so treffend.
Ach so, übrigens: Gestern hat mich die Putzfrau, die bei mir im Haus immer die Treppe putzt, angesprochen. Sie habe mich im Fernsehen gesehen und fragte nun, wie teuer mein Buch sei. Wenn es nicht zu teuer wäre, würde sie es sich kaufen. Ich schenkte es ihr.

3 Kommentare:

  1. Ja genauso sieht es aus lieber Lo!

    Auch ich werde immer wieder (gern) gefragt, ob ich denn nicht bei diesem Kurzfilm oder jenem Werbespot auf "Rückstellung" arbeiten möchte. Selbstverständlich zu 100%, versteht sich, wir sind doch befreundet...
    Ich habe mir diesbezüglich angewöhnt, nur noch für wirklich gute Freunde mit wirklich viel versprechenden Projekten eine Ausnahme zu machen.
    Auch Künstler haben Rechnungen zu bezahlen!

    Herzliche Grüße vom altehrwürdigen "Gut Glück" vor den Toren Hamburgs

    Jens E. Graf von Babelsberg zu Griebnitzsee

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  2. Dank für den schönen Kommentar,
    lieber Graf.

    Alfred Adler schreibt: "Mit Neid eng verwandt, meist damit verbunden, ist der Geiz. Damit ist nicht nur jene Art des Geizes gemeint, die sich darauf beschränkt, Geldstücke zu sammeln, sondern jene allgemeine Form, die sich im wesentlichen darin ausdrückt, daß es jemand nicht über sich bringt, dem andern eine Freude zu machen, der also mit seiner Hingebung an die Gesamtheit oder an Einzelne geizt, eine Mauer um sich auftürmt, um nur selber seiner armseligen Schätze sicher zu sein."

    Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

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  3. Lustig. Da grüßen sich zwei Fakes und reden sich mit "Graf" an. Was für ein Schmarrn.

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