Sonntag, 28. September 2014

KUNSTVERSTAND

Graf von Blickensdorf ist Kunst Berlin Art WeekSonntagnachmittag auf der Berlin Art Week im Kaufhaus Jahndorf in der Brunnenstraße. Ein paar Künstler sitzen in der Cafeteria und trinken Kaffee. Da kommt die Bedienung dazu und zeigt auf ein paar leere Kaffeebecher: “Ist das Kunst oder kann das weg?” 
Diese von mir persönlich erlebte und aufgeschriebene Geschichte, erschien am 28.09.2014 auch im Berliner TAGESSPIEGEL in der Sonntagsbeilage unter der Rubrik "Berliner Liste".

Mittwoch, 24. September 2014

Genscher mit Torte oder Das Dessert des Jahres

siam passion adlon graf von blickensdorfWährend ich, eine SMS tippend, durch die Halle des Hotel Adlons ging, stieß ich mit einem Mann mit sehr großen Ohren zusammen. Als ich hoch schaute, erkannte ich den ehemaligen Außenminister und Ex-Vizekanzler Hans-Dietrich Genscher. Ich nuschelte eine Entschuldigungsfloskel, steckte mein Smartphone in die Seitentasche meines Burberry-Sakkos und schritt eilig zur Kuchenvitrine, um das Kuchen- und Tortenangebot  Flanierstock Lo Graf von Blickensdorf Hotel Adlondes Tages zu studieren. Ein Törtchen fiel mir besonders ins Auge: „Siam Passion“ – so der klangvolle, fast biblische Name (7 Euro). Auf einem kleinen Schild erfuhr ich, dass es sich um das frisch gekürte Kempinski Dessert des Jahres 2014 handelte!
Beim Kellner mit seinen exzellenten Manieren bestellte ich neben dem Törtchen noch einen Cappuccino und wollte gerade eine bequeme Sitzecke mit schweren Polstermöbeln ansteuern, als eine gutaussehende, sonnengebräunte 15-köpfige Männergruppe aus einem arabischen Land mit weißen Tüchern auf dem Kopf nebst knöchellangem weißen Gewändern meinen Weg kreuzte. Sofort kam in mir ein leichtes Gefühl von Kölner Karneval hoch. Ein sehr beeindruckender Anblick! 
Hotel Adlon Lo Graf von Blickensdorf
Eine Torte unter der Decke? Nein -
nur eine Lampe.
Aber nun wollte ich unbedingt das Dessert des Jahres essen. Ich konnte es kaum erwarten! Formvollendet wurde es mir serviert. In weiter Ferne sah ich einen bekannten Sänger, dessen Name mir partout nicht einfallen wollte. Das war mir aber jetzt egal. Nun wurde es ernst. War die Auszeichnung „Dessert des Jahres“ wirklich gerechtfertigt? Ich nahm die Dessertgabel in die Hand und belegte sie mit einem Stück Tortengut und ließ sie langsam in meinen gräflichen Mund hineingleiten. Bereits der Duft erinnerte mich an einen herrlichen Palmenstrand in Khao Lak mit türkisfarbenem Wasser, eingerahmt von dschungelbewachsenen Hügeln. Meine Geschmackspapillen meldeten mir Passionsfrucht, Kokosnuss, Mango und Banane. Es schmeckte fruchtig und trotzdem leicht. Grandios! Ich kam zu dem Schluss, dass die Auszeichnung zu Recht bestand. 
Mit guter Laune verließ ich das berühmte Hotel und war heilfroh, dass ich den 87-Jährigen Herrn Genscher nicht so unglücklich umgelaufen habe, so dass er nicht zu Fall kam und sich nicht einen Oberschenkelhalsbruch zuzog. Womöglich wäre er dann hinterher daran verstorben. Nicht auszudenken! Dann wäre ich wahrscheinlich in die Geschichtsbücher eingegangen, als der Trottel, der die Schuld an dem Tod des ehemaligen Vizekanzlers und Außenminister hatte. Nein, das wollte ich nicht! Übrigens: der Name des Sängers ist mir bis heute nicht eingefallen. Dann war er wohl auch nicht so wichtig.

Hotel Adlon Kempinski, Unter den Linden 77, 10117 Berlin

Sonntag, 21. September 2014

GUT GEHALTEN

Lo Graf von Blickensdorf und Joelle Meissner
Die Künstlerin Joelle Meissner vor ihrer Interpretation der Tarot-Karte "Der Kaiser". 

Freitagabend in der Kanadischen Botschaft am PotsdamerPlatz. Einer der Sponsoren bietet einen Likör an und sagt: “Ich arbeite seit 30 Jahren im Nachtleben.” Daraufhin eine Dame: “Davon sieht man aber nichts.”
Diese von mir persönlich erlebte und aufgeschriebene Geschichte, erschien am 21.09.2014 auch im Berliner TAGESSPIEGEL in der Sonntagsbeilage unter der Rubrik "Berliner Liste".

Sonntag, 7. September 2014

HÖRT, HÖRT!

Kaffee Graf von BlickensdorfMontagnachmittag, ein Café in Charlottenburg. Ein Mann bestellt einen Kaffee und holt sein Smartphone heraus, um im Internet zu surfen. Da hört er vom Nachbartisch den Satz: “Das Internet ist das Selbstgespräch der Welt mit sich selbst.” 
Diese von mir persönlich erlebte und aufgeschriebene Geschichte, erschien am 07.09.2014 auch im Berliner TAGESSPIEGEL in der Sonntagsbeilage unter der Rubrik "Berliner Liste".

Mittwoch, 3. September 2014

Er aß Aal und sie trank Tee

Du Bonheur Graf von Blickensdorf Dulcey

Ich lasse mich ja gerne bestechen, bevor ich eine Tortenrezension schreibe. Denn positiv schreibt es sich besser und man bekommt weniger Falten im Gesicht. Meine Bestechung war eine Karaffe Leitungswasser mit einem Minzezweig darin, die es gratis zum Cappuccino gab (siehe Foto oben). Das gefiel mir schon mal und machte gute Laune. Es gibt leider Bedienungen, die einen anschauen, als hätte man ihnen einen unsittlichen Antrag gemacht, wenn man um ein Glas Leitungswasser zum Kaffee bittet. Aber wo war ich? Ich bekam neulich von einer mir unbekannten Dame ein Visitenkärtchen einer Patisserie zugesteckt mit den Worten: „Da müssen Sie mal hin! Das ist was für Sie!“ Also radelte ich in den Osten, wo man als Westberliner eigentlich nicht so gerne hinfährt und besuchte die Patisserie „Du Bonheur“. Da ich des Französischen nicht mächtig bin, googelte ich etwas von „Glück“. Es ist mir unverständlich, dass man mitten 
in Berlin einen Laden mit französischen Namen aufmacht. Als Nichtfranzose habe ich den Namen schnell wieder vergessen. Da lobe ich mir doch die Patisserie „Werkstatt der Süße“. Das ist authentisch und den Namen vergesse ich nie! Aber die Berliner werden auch das Wort schon klein kriegen. Schließlich hieß mal „Être peut-être“ (im Zweifel sein) und der Berliner machte daraus „etepetete“. Den einzigen Satz, den ich auf Französisch kann, lautet: Er aß Aal und sie trank Tee. Wenn man das ganz schnell hintereinander spricht, klingt es so, als spreche man fließend Französisch.
DU BONHEUR Törtchen Dulcey Graf von Blickensdorf
Ich wählte ein Törtchen namens „Dulcey“, (4 Euro). Es bestand aus einem hellen Schokoladenmousse, das auf einer Schicht Karamellcreme ruhte. Diese wiederum ruhte auf einem Mürbeteigboden, so dass alles wundervoll harmonierte. Die Krönung bildete eine hübsche Umrandung von gerösteten Haselnüssen. Das halbkugelförmige Törtchen glänzte derartig in der Septembersonne, als hätte es ein hochdekorierter Anstreichermeister mit Chinalack höchstpersönlich lackiert. 
Während ich im Siebten Törtchenhimmel schwebte, riss mich etwas aus den Tortenträumen! Was war das? Irgendein Fremdkörper war in meinen Mund gelangt. Ich holte den Fremdkörper heraus. Es war ein Stück Pappe auf dem zu lesen war „DU BONHEUR“. Ich erkannte die Deko von dem Törtchen wieder. Ich hatte gedacht, dass das Schildchen, wie in anderen Konditoreien dieser Welt auch aus Schokolade oder Marzipan war. Nein, hier war es aus Pappe. Nicht von Pappe war dagegen das Törtchen. Ich genoss es bis zum letzten Zungenschlag. Ein Traum! Da kann ich der Patisserie… äh…, wie hieß sie noch mal? … ach ja, „Du Bonheur“ nur voller Glückseligkeit auf Französisch kontern: À la bonne heure!

Konditorei und Patisserie „Du Bonheur“, Brunnenstr. 39, 10115 Berlin-Mitte