Samstag, 25. April 2015

Nach den Worten soll man Torten folgen lassen

Café Kredenz Berlin Weiße Trüffeltorte Foto_Graf Blickensdorf
Irgendwann sind der Worte genug geschrieben und nach den Worten müssen Torten folgen. Aus diesem Grunde steige ich dann besonders gern im Frühling von meinem gemütlichen Elfenbeinturm herab – denn im Lenz, wenn alles blüht und duftet, riecht Berlin für kurze Zeit wie eine ganz feine Dame. Genussvoll tief einatmend, wie der geniale Duftfanatiker Jean-Baptiste Grenouille aus dem Süskind-Bestseller, lustwandele ich dann über die von Linden gesäumte Schloßstraße, vorbei an den heftig Cafe Kredenz Berlin  Foto_Lo Graf von Blickensdorf über Wurftechniken diskutierenden Boulespielern. Weiter über den Sophie-Charlotte-Platz zur Suarez-straße, mit ihren zahlreichen Antiquitätengeschäften, fachsimpele ich dort eine Weile mit den Händlern über Flanierstöcke des 19. Jahrhunderts, um dann links in die Kantstraße einzubiegen.
Dort befindet sich eine kleine Insel für Liebhaber der Biedermeierzeit und köstlicher Torten: Das Café Kredenz (ich berichtete schon einmal darüber). Auf schönem Oma-Geschirr serviert einem die, stets elegant gekleidete, liebenswürdige Maria einem Weiße Trüffeltorte (s. Foto oben), Marcellotorte, Pralinentorte, Orangentorte, Napoleonschnitte, Dacquoise-Baiser-Torte und viele andere mehr, je nach Belieben. Bei dezenter Musik kann man die Torte genüsslich verspeisen und dabei herrlich nachdenken und sinnieren. Dabei kommen mir die besten Ideen. Wie es sich für ein Café aus einer anderen Zeit gehört, gibt es dort auch selbstverständlich W-LAN.
Und wenn ich wieder ganz oben in meinem Elfenbeinturm angekommen bin, setze ich die Ideen flugs um, die  mir beim Torte essen eingefallen sind und die ich mir in mein kleines, ledergebundenes Skizzenbuch (s.Foto oben rechts) mit dem roten Lesebändchen notiert habe. Wie sagte Goethe so schön? „Aber kein Genuss ist vorübergehend, denn der Eindruck, den er hinterlässt, ist bleibend.“ Und das besonders im Café Kredenz!

Café Kredenz, Kantstr. 81, 10627 Berlin-Charlottenburg, https://www.facebook.com/pages/Kredenz-Cafe-Berlin

Montag, 13. April 2015

„Die Unschuld sitzt neben mir und isst Apfelkuchen“

Frau Kopf
Solche und andere schöne Sätze stehen in dem fabulösen Erstlingswerk „Kopf Schweine Sterben“ von Frau Kopf. Zum Beispiel auch dieser: „Typen, die sich als total crazy und amüsant bezeichnen, sind ungefähr so reizvoll, wie ein Darmverschluss oder ein feiner Intimherpes“.
In ihrer saftig-barocken Sprache mit zahlreichen neuen Wortschöpfungen, die wohltuend fast ohne Anglizismen auskommt, beschreibt sie, wie eine Frau Kopf _ Kopf Schweine Sterbenjunge Frau sich die hippe Kultstadt Berlin einscannt und sinnlich verarbeitet. Frau Kopf beschreibt kraftvoll, wütend, sanft, hart, versaut, witzig, vulgär und aggressiv das vielfältige Leben in der deutschen Bohemé-Metropole, dass einem fast schwindelig wird.
Herrlich amüsant die Geschichte von „Schmalz- stullenuschi, variabel auch Bahnhofsbritta oder Gefühlsgisela. Heute ist sie ganz kurz das verspätete Hosenmädchen.“, die unter ihrem luftigen Kleid die Unterhose ihres neuen Geliebten trägt und auf dem Bahnhof auf ihren Zug wartet, während sie vorher heimlich ihr eigenes Höschen in eine Ecke des fremden Bettes des fremden Mannes versteckt hat. Umwerfend komisch!
Mein absolutes Lieblingskapitel ist „Mutsch“, in dem Frau Kopf plötzlich so gefühlvoll und zärtlich über ihre Mutter schreibt, dass ich zu Tränen gerührt war. Liebevoller kann man den Müttern dieser Welt kein Denkmal setzen! Grandios!
Ich wünsche Frau Kopf und der gesamten Menschheit noch viele so großartige Bücher wie „Kopf Schweine Sterben“, bei dem einem mal wieder positiv auffällt, wie wunderschön und vielfältig die Deutsche Sprache sein kann – und zwar ohne Anglizismen.

„Kopf Schweine Sterben“ von Frau Kopf, 148 Seiten, erschienen im Marianne Leim Verlag, 9,90 €

http://kopfkultur.blogspot.de/

Foto: Jenni

Montag, 6. April 2015

Ein Relikt

Lo Graf von Blickensdorf British StyleDonnerstagnachmittag, ein Modegeschäft in Charlottenburg. Ein Jugendlicher wird von seiner Oma neu eingekleidet und probiert in der Umkleidekabine einen Anzug an. Plötzlich ruft er: “Hier sind keine Kleiderbügel, Oma!” Sagt der Verkäufer: “Oh, ein ordentlicher junger Mann – so etwas ist selten heutzutage.” 
Diese von mir persönlich erlebte und aufgeschriebene Geschichte, erschien am 5.04.2015 auch im Berliner TAGESSPIEGEL in der Sonntagsbeilage unter der Rubrik "Berliner Liste".

VERTAN

Veganer Skinhead Deutsches Frühstück Graf von BlickensdorfMittwochnachmittag in einem Biomarkt am Kaiserdamm. An der Kasse packt ein junger Mann große Mengen Gemüse auf das Laufband . Eine alte Dame fragt erstaunt: “Das wollen Sie alles essen?” – “Ja, ich bin Veganer.” – “Ah, Amerikaner. Und ich dachte immer, die essen nur Hamburger.” 
Diese von mir persönlich erlebte und aufgeschriebene Geschichte, erschien am 5.04.2015 auch im Berliner TAGESSPIEGEL in der Sonntagsbeilage unter der Rubrik "Berliner Liste".